1 | EINLEITUNG

In den letzten Jahren konnte auf dem Arbeitsmarkt eine stete Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen beobachtet werden – wovon aber oft nur Büroangestellte profitierten (Stichwort Homeoffice).

Für die Produktionsmitarbeitenden hat sich bislang wenig geändert. Die nachfolgenden Best Practices sollen Ideen aufzeigen, wie für die Produktionsmitarbeitenden das Arbeitsumfeld moderner gestaltet werden kann. Sie wurden unter Einbezug von rund 20 produzierenden Firmen sowie basierend auf einer Interview-Studie eines Mitgliedes des Projektes durchgeführt.

Alle Gespräche zeigen, dass die gesetzlichen Bestimmungen zur Schichtarbeit sowie die Arbeitsbedingungen eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten für Produktionsmitarbeitende erschweren. Die nachfolgenden Best Practices sollen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten Ideen aufzeigen, wie das Arbeitsumfeld für Produktionsmitarbeitende verbessert werden kann.

Unabhängig von der Unternehmensgrösse kann das Thema mit verschiedenen Massnahmen umgesetzt werden. Dabei sind die direkt Betroffenen – die Produktionsmitarbeitenden – in den Entscheidungsprozess miteinzubeziehen. Ihre Bedürfnisse gilt es unter Berücksichtigung der sprachlichen und kulturellen Differenzen abzuholen und im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten umzusetzen.

2 | ZIELE

  • Möglichkeiten zur Verbesserung des Arbeitsumfelds und des Produktionsumfelds mit dem Ziel die Attraktivität der Produktionsarbeit zu steigern.
  • Zufriedenheit und Gesundheit der Mitarbeitenden sicherstellen.
  • Fachkräftemangel entgegenwirken.

3 | BESCHREIBUNG

  • Pausen und Verpflegung
  • Geeignete Kleidung
  • Digitale Tools
  • Arbeitsumgebung und Arbeitsplatzgestaltung
  • Zeitliche Flexibilität

3.1 PAUSEN UND VERPFLEGUNG

BALKEN

MÖGLICHE MASSNAHMEN, IDEEN UND ANREGUNGEN

  • Verpflegungsmöglichkeiten einrichten mit vollwertigen Mahlzeiten.
  • Mikrowelle, Kühlschrank zur Verfügung stellen.
  • Verpflegungsangebot innerhalb der Firma (Bsp. Personalrestaurant oder Take-away).
  • MA aus Produktion haben Vorrang im Personalrestaurant.
  • Snack- und Kaffeeautomaten pro Sektor/Abteilung.
  • Kaffeemaschinen, Mikrowellen gut erreichbar.
  • Wasserspender in der Nähe des Arbeitsplatzes.
  • Abgabe geeigneter Trinkgefässe mit Deckel.
  • Sitzmöglichkeiten einrichten am Arbeitsplatz und in Pausenräumen.
  • Pausen- oder Ruheräume unmittelbar in der Nähe der Produktion mit Sitzmöglichkeiten eventuell mit Oropax-Spender.
  • Fussmatten zur Entlastung. Angemessene Pausenzeiten.
  • Rollierende Pausenintervalle im Schichtbetrieb.

SO GELINGT ES

  • Einbeziehen der Mitarbeitenden bei Entscheid über Einführung von Massnahmen und Produktionsabläufen.
  • Abklären der betrieblichen Möglichkeiten (Räume, Budget, Umsetzbarkeit, Alternativen).
  • Rücksprache mit Mitarbeitenden und Entscheid über Einführung der Massnahmen.
  • Umsetzung der Massnahmen.
  • Bestimmen einer zuständigen Person pro Massnahme.
  • Monitoring der eingeführten Massnahmen (Bspw. Nutzung der Massnahmen, Unterhalt von angeschafften Geräten wie Mikrowelle und Kaffeemaschine, Praktikabilität?).
  • Austausch und ev. Anpassungen.

HERAUSFORDERUNG

  • Organisation
  • Kosten und Aufwand
  • Räumlichkeiten

NUTZEN

  • Gesunde und motivierte Mitarbeitende, die in der Schichtarbeit produktive Leistung erbringen können.
  • Wertschätzung der Produktionsarbeit.
  • Steigerung der Zufriedenheit der Produktionsmitarbeitenden.

3.2 GEEIGNETE KLEIDUNG

BALKEN

MÖGLICHE MASSNAHMEN, IDEEN UND ANREGUNGEN

  • Sortiment an verschiedenen Modellen und Grössen an Kleidern, Schuhen und Brillen zur Auswahl (Schutzkleidung und andere).
  • Personalisieren der Kleidung etc.
  • Personalisierte Schuhe sind möglich.
  • Orthopädische Schuheinlagen bei Bedarf.
  • Regelmässige Überprüfung von Schuhen und Kleidern und Ersatz bei Bedarf.
  • Saisonale Kleider nach Bedarf (Winter / Sommer – indoor / outdoor).
  • Ev. korrigierte Schutzbrillen. Exoskelett Unterstützung für verschiedene Tätigkeiten.
  • Wäscheservice für Lichtbogenschutzkleider.

SO GELINGT ES

  • Regelmässiger Austausch mit Vertretern der Produktionsabteilung zur Abklärung von Bedarf.
  • Betriebliche Möglichkeiten abklären. Rückmeldung an Vertretung der Produktionsmitarbeitenden.
  • Anschaffung der Kleidung etc.
  • Regelung in Reglement zur Nutzung und Umgang der (Schutz-) Kleidung (bspw. Wäscheanweisungen), Schuhe etc. sowie zu Konsequenzen bei Verlust oder Beschädigung.
  • Personalisierung der abgegebenen Kleidung zur Überprüfung.
  • Regelmässiger Austausch betreffend Zweckmässigkeit, Qualität, allfällige Anpassungen.

HERAUSFORDERUNG

  • Kosten und Aufwand.
  • Qualitativ gute und funktionale Kleidung zu finden, die für alle Mitarbeiter bequem sowie für alle Bereiche zweckdienlich ist und Schutz bietet, tragbar im Winter oder Sommer.

NUTZEN

  • Guter Tragekomfort der Kleidung.
  • Dadurch effizientes und angenehmes Arbeiten.
  • Schutz- und Sicherheit, Unfallrisiko minimieren
  • Gesundheit und Wohlbefinden der Mitarbeitenden.
  • Identifikation mit Arbeitgeber bei einheitlicher Arbeitskleidung mit Firmenlogo.

3.3 DIGITALE TOOLS

BALKEN

MÖGLICHE MASSNAHMEN, IDEEN UND ANREGUNGEN

  • SFS Messagelog zur Meldung von Störungen an den technischen Support –Übersichtsbildschirme für Mitarbeitende, welche die gemeldeten Störungen anzeigen.
  • Field Link App
  • Alle Mitarbeitenden, wenn notwendig und betrieblich möglich, werden mit Smartphones ausgestattet.
  • Threema Chatgruppen für verschiedene Gruppen: Haustechnik, Krisenstab etc.
  • Mit Suva Safety App Probleme erfassen.
  • SAP App für alle – Zugang zu betriebsinternen Informationen und vertraglichen Bestimmungen.
  • Alle Produktionsmitarbeitenden erhalten einen Windows-Account, wenn notwendig und betrieblich möglich: Tools wie Workday – über eigenes Mobile oder Geschäfts-Mobile.
  • Bildschirme an Orten mit Infos und News.
  • Tablets, welche den Mitarbeitenden Schritt für Schritt durch alle Arbeitsschritte führen.
  • Visualisierung der einzelnen Arbeitsschritte.
  • Bestätigen der Arbeitsschritte und Bestellung von fehlendem Material kann direkt via Tablet erfolgen.

SO GELINGT ES

  • Bedarfsanalyse unter Einbezug der Produktionsmitarbeitenden.
  • Möglichkeiten der Firma abklären.
  • Anschaffen der digitalen Tools.
  • Schulung der Mitarbeitenden.
  • Nutzungsbedingungen festlegen (Nutzungsreglement erstellen oder Klausel in Betriebsreglement).
  • Regelmässige Wartung und Updates sicherstellen.
  • Cybersecurity Aspekte einbeziehen.
  • Regelmässiger Austausch mit Nutzern zur Zweckmässigkeit.

HERAUSFORDERUNG

  • Anschaffungskosten.
  • Akzeptanz von neuen Lösungen durch Mitarbeitende.
  • Ausbildung der Mitarbeitenden.
  • Zeitaufwand durch Schulung.
  • Wartung der Tools.

NUTZEN

  • Vereinfachung der Prozesse.
  • Automatische Dokumentation.
  • Synergieeffekte (Bsp. Automatische Meldung beim Warenlager und Bestellung).
  • Längerfristig Kostenersparnisse durch Vereinfachung und Automatisierung der Prozesse.
  • Austauschbarkeit.

 

 

3.4 ARBEITSUMGEBUNG UND ARBEITSPLATZGESTALTUNG

BALKEN

MÖGLICHE MASSNAHMEN, IDEEN UND ANREGUNGEN

  • Individuell angepasster Gehörschutz (erhöht Tragekomfort und damit Akzeptanz).
  • Angepasste Kleidung. Minimierung der Störfaktoren bspw. durch bauliche Massnahmen wie Trennwände. Grosse Feuerwehrbelüftungsgeräte oder Gitterrolläden, um die Wärme aus dem Betrieb rauszubekommen und Luftaustausch sicherzustellen.
  • Lärmbelastung wird regelmässig von SIBE überprüft.
  • Schallschutzdecken installieren.
  • Klimaanlagen und Kälteanlagen (Anpassung der Infrastruktur an Klimaveränderung).
  • Abgeben von Kältetüchern.
  • Co2 Messgeräte zur Überwachung der Luftqualität.
  • Spezielle Fussmatten.
  • Adäquate Lichtverhältnisse einrichten.
  • Schonarbeitsplätze.
  • Pflanzen etc.
  • Erste-Hilfe-Koffer in der Nähe.
  • Information über Defibrillator.
  • Ergonomische Arbeitsplätze.
  • Hilfsmittel wie zum Beispiel Sackheber oder Montagevorrichter.
  • Optimierung monotoner Arbeitsumgebung.

SO GELINGT ES

  • Sicherheitsbeauftragter (SIBE) bestimmen (www.suva.ch).

Für zusätzliche Massnahmen:

 

    • Bedarfsanalyse unter Einbezug der Produktionsmitarbeitenden.
    • Möglichkeiten der Firma abklären.
    • Umsetzen der (baulichen) Massnahmen.
    • Regelmässiger Austausch mit Produktionsmitarbeitenden betreffend Bedarf und Umsetzung der Massnahmen.

HERAUSFORDERUNG

  • Kosten und Aufwand.

  • Regelmässige Kontrollen der zwingenden Sicherheits- und Gesundheitsbestimmungen (durch SIBE).

NUTZEN

  • Gesundheit der Mitarbeitenden sicherstellen und verbessern.
  • Qualität des Arbeitsplatzes verbessern.
  • Weniger Unfälle, weniger Krankheitsfälle.
  • Effizienzsteigerung.

3.5 ZEITLICHE FLEXIBILITÄT

BALKEN

MÖGLICHE MASSNAHMEN, IDEEN UND ANREGUNGEN

  • Angepasste Arbeitszeiten im Sommer (Hitze).
  • Selbständige Verlängerung der Pausen sofern möglich.
  • Teilzeitpensum:
    • Im 1- und 2-Schichtbetrieb
    •  Spezielles Extra-Schicht-System für MA, um die Möglichkeit zu schaffen, über Mittag nach Hause zu gehen (z.B. Kinderbetreuung).
    •  Einsatzpläne werden angepasst, damit Teilzeit ermöglicht werden kann.
    •  Teilzeit in der Produktion für Weiterbildung oder Altersteilzeit.
    •  Zwei Mitarbeitende mit je 60%-Pensum teilen sich einen Arbeitsplatz (120 % = Arbeitsplatz). Schichtwünsche nach Möglichkeit berücksichtigen.
    • Ohne Schicht:
    • Flexibles Arbeitsende (zwischen 16 und 17 Uhr).
    • Flexible Mittagszeiten. Jokertage, -wochen. Joker-Mitarbeitende (Springer): Pool von Mitarbeitenden. (Pensionäre, Temporäre), um Flexibilität zu ermöglichen. Sabbatical. Weiterbildung ermöglichen.
    • Transportmöglichkeiten besprechen, falls aufgrund der Arbeitszeiten nicht mit dem ÖV angereist werden kann.
    • Flexibler Arbeitsbeginn (zwischen 6:30 und 7:20 Uhr).

    SO GELINGT ES

    • Einbeziehen der Mitarbeitenden bei Entscheid über Einführung von Massnahmen.
    • Abklären der betrieblichen Möglichkeiten (Schichtbetrieb etc.).
    • Rücksprache mit Mitarbeitenden und Entscheid über Einführung der Massnahmen.
    • Umsetzung der Massnahmen.
    • Monitoring der eingeführten Massnahmen.
    • Austausch und ev. Anpassungen.

    HERAUSFORDERUNG

    • Erhöhter Organisationsbedarf und Kapazitätsplanung.
    • Unter Umständen mehr Personal erforderlich.

    NUTZEN

    • Bessere Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben.
    • Erweiterung des Arbeitnehmermarkts (Fachkräftemangel entgegentreten).
    • Steigerung der Attraktivität des Arbeitsplatzes im Produktionsbereich.